Ich bin auch nicht Charlie

( 2.KW – 5. bis 11. Januar 2015)

Was für eine Woche! Tucholsky wird 125 Jahre alt und Paris ist geschockt vom Terror. Wie schon bei den Anschlägen auf das World Trade Center sitze ich vor den Fernsehbildern und kann es nicht fassen, wie manche Menschen ticken.

RTL wirbt für eine neue Staffel von „Ich bin ein Star – holt mich hier `raus.“ Ich weiß nicht so recht, welche Meldung mich mehr betrüben soll.  Diese oder „Der Drogenhandel in Berlin floriert wie nie“, wie die MAZ mich wissen lässt. Wenn es nicht so traurig wäre, würde ich sagen, sich das Gehirn mit RTL zu verunreinigen ist zumindest billiger als mit Drogen, aber es ist wie gesagt, zu traurig.

Es ist eine bekloppte Zeit, angesichts von Mord und Totschlag, Vertreibungen, Gottekriegern und Pegida muss man das auch nicht gesalbt umschreiben. Aber wer jetzt plötzlich alles die Pressefreiheit verteidigt, alle sind jetzt Charlie, das ist ätzend. Ich muss an einen Text von Heinz-Rudolf Kunze denken, der einmal verkündete, er sei gegen den Frieden. Weil es schick sei und plötzlich Leute für den Frieden sind, mit denen er partout nicht einer Meinung sein kann…  Heuchelei und „das Fähnchen in den Wind hängen“ sind ebenso verbreitet wie Neid, Unzufriedenheit und Mißgunst.

In derselben Tradition verkündet nun der von mir geschätzte Martin Buchholz  „Ich bin nicht Charlie!“ und begründet das auch in seinem aktuellen „Wochenschauer“. Recht hat er. Man sollte sich das unter www.martin-buchholz.de anschauen.

Ich rufe ihm hiermit zu: Ich bin auch nicht Charlie. Ja, davon gibt es inzwischen zu viele. Zu viele falsche.